Warum ich dieses Buch geschrieben habe

Warum ich dieses Buch geschrieben habe

Ich liebe Fantasy Bücher. Sie inspirieren mich und bieten mir eine magische Zuflucht. Und wenn es sich dann noch um eine fesselnde Romanze handelt, umso besser! Allerdings gibt es einige Klischees und Inhalte ›konventioneller‹ Fantasy, von denen ich mich distanzieren möchte:

  • Patriarchale Strukturen und Heteronormativität
  • Ableismus und Körpernormen
  • Wenn »Gut« und »Böse« eindeutig verteilt sind
  • Wenn die Romanze irgendwann alles andere überstrahlt

Diese Stereotype stören mich bereits in der Realität und in meine Fantasie will ich sie erst recht nicht unhinterfragt lassen. Da es aber wenig Alternatives zu lesen gibt, dachte ich: „ok, dann schreibe ich das eben selbst“.

Herausgekommen ist ein Liebesdrama über zwei Feinde, die sich trotz allem lieben, über Freundschaft, die Vorurteile und Herkunft überwindet und darüber hinaus ein »Fantasy-Arztroman« mit einer unschlagbaren Frauenquote.

Was gefällt mir an der Geschichte am meisten?

Mein Buch hat trotz allen Dramas viele lustige Elemente (an allen möglichen und unmöglichen 🙂 Stellen). Die politische Grundsituation ist verfahren, aber meine Charaktere schaffen sich Inseln, in denen sie glücklich sind. Die Freundschaft der vier Protagonist_innen ist bis zum Ende der Geschichte das Wichtigste, ein Gedanke, der mich tröstet. Ich hätte auch gern eine Wahlfamilie, die immer zu mir hält, egal was passiert.

Genderrollen und Heteronormativität

Ich habe das Geschlechterverhältnis der handelnden Personen ausgewogen gestaltet. Bei mir kommen Frauen nicht nur als Anhängsel oder passive Schönheit vor, sondern als realistisch starke und autark agierende Personen. Beim Schreiben habe ich gemerkt, wie tief patriarchale Bilder in mir stecken: In meinem Kopf wollte ich nur allzu gern die Rolle des mächtigem Oberschurken einem Mann zusprechen. Um solchen Klischeefallen zu umgehen, habe ich nachträglich manche Gender getauscht, was gut in die Zauberwelt passt, da die meisten magischen Familien schwach matriarchal organisiert sind (denn Macht und Stärke beruhen bei Magier_innen nicht auf Körperkraft, und Frauen wird grundsätzlich mehr Magiefähigkeit zugesprochen).

Das Bild zeigt die Gefährten aus Herr der Ringe (also Legolas der elb, Gimli der Zwerg, Gandalf der Zauberer, die Hobbits etc)
Zwar verschiedene Rassen, aber doch alle männlich.
Die Gefährten des Rings: allesamt cis-Männer.

Es ist mir wichtig, nicht-heteronormative Beziehungen in meinem Buch zu repräsentieren. Mich interessiert die Dynamik zwischen den Liebenden, und die sollte nicht vom Geschlecht abhängen. Erschreckenderweise ist dieser Wunsch noch immer unerfüllt, sowohl in der Realität als auch in meiner fiktionalen Welt. In meinem Buch ist es in konservativen Familien, besonders unter Adeligen, nicht einfach für die queeren Personen: Einer meiner Hauptcharaktere wurde z.B. verstoßen, weil er schwul ist. Allerdings findet bei der jüngeren Generation gerade ein Umdenken statt.

Ableismus und Körpernormen

Klara, meine Hauptfigur, ist behindert und gilt nicht als ›normschön‹. Trotz allem (oder gerade deshalb!) ist sie eine fähige Heilerin, aber wie viele Menschen mit Behinderungen wird sie immer wieder mit Abwertung konfrontiert. Sie hat eine schiefe, große Hexennase und ein Schielauge, und ihre gesamte Jugendzeit wurde sie als ›Hexe‹ oder ›Hässling‹ beschimpft. Auch jetzt, wo sie längst erwachsen ist, versuchen Fremde, ihr Tipps zu geben, oder stellen ihre Fähigkeiten als Heilerin in Frage.

Das Bild zeigt Barbie, in all ihrer normschönen Pracht in einem rosafarbenen Ballkleid.
Jung und normschön, wie die meisten Fantasy Heldinnen. Foto: Wikicommons

Das Thema ›Behinderung‹ ist für mich wichtig, denn ich bin von Geburt an behindert, was man auch auf den ersten Blick erkennen kann. Es ist anstrengend, immer wieder die steten Zweifel an meiner Kompetenz ausräumen zu müssen, sogar weitaus anstrengender, als mit den Behinderungen an sich zu leben. Deshalb war es mir ein Herzenswunsch, im Buch zu zeigen, wie sich die ständigen Blicke und Fragen auswirken. Meine Hauptfigur ist körperlich und seelisch durch die vorhergegangenen Diskriminierungen gezeichnet, aber sie mag ihr Leben, hat gute Freunde und ist erfolgreich in dem, was sie tut. Ich will damit das Thema »Behinderung« und »Abweichung von der Norm« stärker in den Fokus rücken, ohne die Protagonistin auf diese eine Eigenschaft zu reduzieren oder in die Opferrolle zu stecken.

Ich weiß nicht, wie es den meisten Lesenden hier geht, aber ich kann mich nicht mit der superschlanken, makellosen Hauptfigur identifizieren, die trotzdem ein ›ganz normales Mädchen‹ ist. Mir macht es wenig Spaß, über derart privilegierte Charaktere zu lesen. Sorry, so ist weder mein Leben, noch das der meisten, die ich kenne. Wieso kommt so etwas dann gerade in Fantasyromanen oder Romanzen so häufig vor?

Meine persönliche Motivation ist es, Charaktere mit einem realistischen Aussehen einzubauen.

Da Fat shaming in medialen Darstellungen leider immer noch stark verbreitet ist, war es überaus befriedigend, Szenen wie diese zu schreiben, in denen korpulente Personen zufrieden mit ihrem Körper sind:

Lucies Gesicht wurde ernst. »Ach, Schätzchen, nicht schon wieder in Selbstmitleid versinken. Ich würde dir ja gern etwas von meinen Sachen geben, aber die sind dir wohl alle um Weiten zu groß.« Zufrieden grinsend klopfte sie auf ihre Wampe. »Und davon kann ich dir leider nichts abgeben. Alles hart erarbeitet.«
Klara lachte auf. Sie kannte keine, die sich so gut anfühlte wie Lucie mit ihren üppigen, weichen Rundungen. »Du könntest mir öfter Kuchen backen«, schlug sie vor.
Lucie machte eine wegwerfende Geste. »Als hätte ich nichts Wichtigeres zu – aua!«
Klara hatte ihr ein Kissen an den Kopf geworfen. »Das hast du verdient!«

Ein leckeres Stück Kuchen mit bunter Zuckerglasur.
Den darf sich eins ruhig mal gönnen. Foto: wikicommons

Eindimensionale Charaktere: Gut und Böse

Natürlich ist ein epischer Kampf zwischen Gut und Böse aufregend. Aber ich habe das schon so oft gelesen, dass ich nicht mehr glauben mag, dass der Sieg des »Guten« die Welt dauerhaft bessert. Auch die Motive der meisten ›Schurk_innencharaktere‹ kann ich nur schwer nachvollziehen. Deshalb gibt es in meiner Geschichte keine intrinsisch „bösen“ Charaktere – alle Standpunkte und Handlungen haben ihren Grund. Im Buch lassen die Magier_innen die Menschen ihre Verachtung spüren, doch ist dieser Terror mit der gewaltvollen Vergangenheit zu begründen, in der die religiösen Menschen alles verbrannt haben, was zaubern konnte. Es ist eine Kette aus Gewalt und Gegengewalt und schnell wird klar, dass auf Hass und Sühne nichts Gutes wachsen kann. Dennoch gibt es hoffnungsbringende Elemente in meinem Buch, wie zB. Freundschaft zwischen Menschen und Magier_innen, unabhängig von deren Abstammung oder Personen, die im Laufe der Geschichte anfangen, ihre Standpunkte zu hinterfragen.

Romanzen, die alles überstrahlen

Ich bin ein Fan von Liebesdramen und freue mich über jede Szene, in der sich die Liebenden näher kommen. Mich stört aber, dass die Romanze irgendwann alles andere verdrängt und frühere Freundschaften (oder im schlimmsten Fall: die Handlung an sich!) vergessen werden. Oft scheinen die Hauptcharaktere vor der Romanze sogar überhaupt kein eigenes Leben zu haben.

Traurig aber wahr, mit der Liebe endet oft das soziale Leben.
Das Bild zeigt drei Emoticons und darunter steht: Best Friends are forever. Till their relationship status changes from "single" to "in a relationship"
(Beste Freunde sind fürimmer füreinander da, außer wenn eine:r der Beiden plötzlich in einer Beziehung ist)
Das gilt besonders für Romantasy.

Auch endet das Ganze allzu oft in der hetero Kleinfamilie, natürlich mit Trauschein, als wäre dies die einzig mögliche Lebensform (ich meine, selbst bei achso ›alternativen‹ Büchern wie Fifty Shades of Grey läuft es darauf hinaus!).

In meinem Buch sind die Charaktere seit Jahren volljährig, haben Freund_innen, Interessen und einen Alltag. Das geben sie für die Romanze auch nicht auf.