Ein Buch entsteht — Buch setzen mit SPBuchsatz
Liebe Leute,
Hier teile ich mit Euch meine Erfahrungen zum Buch setzen mit SPBuchsatz.
Wie ihr hoffentlich wisst, wird »Der Elbische Patient« am 13. 12. 2019 erscheinen und gerade sitze ich an den letzten Vorbereitungen!
Mein Buch wurde bereits professionell lektoriert (vielen Dank an Carmilla DeWinter!), aber da zu einer Veröffentlichung auch ein guter Buchsatz gehört, und ich nun keinen Verlag mehr habe, der das organisiert, habe ich mich die letzten Wochen intensiv mit dem Programm ›SPBuchsatz‹ beschäftigt.

Dies ist ein hochwertiges Buchsatz-Programm für Selfpublisher:innen. Es wurde von Karl-Heinz Zimmer entwickelt, der selbst ein großer Fan von Selfpublishing-Büchern ist. (Siehe auch hier das Interview mit ihm: Interview mit Karl-Heinz Zimmer). Seine Idee ist, einen soliden Buchsatz auch für “typographische Laien” so einfach wie möglich zu gestalten.
Ich kann diese Software nur wärmstens empfehlen! Das fertig gesetze Buch sieht besser aus, als viele professionell erstellte und ich konnte meine eigenen Wünsche hineinbringen, statt etwas 08/15-vorgefertigtes vom Verlag aufgedrückt zu bekommen.
Warum brauche ich überhaupt einen professionellen Buchsatz?
Genau diese Frage habe ich mir anfangs auch gestellt. Denn immerhin ›erledigt‹ Word das doch schon, oder? Einfach richtiges Seitenformat, Schriftart und ›Blocksatz‹ einstellen, und fertig ist das druckbare Buch?
Leider ganz falsch. Solcherart erzeugter Texte weisen einige Schwachstellen auf, die oft sofort ins Auge springen und einfach unprofessionell wirken. Das führt dazu, dass der Lesefluss gestört ist und die Leser:in somit im Zweifelsfall nicht in der Geschichte versinken kann.
Auf der folgenden Seite gibt es eine einleuchtende Zusammenfassung, was beim schlechten Satz so alles schief gehen kann:
Falls Ihr zu faul seid, den ganzen Text dort zu lesen, allein dieses Beispiel eines wirklich grausigen Buchsatzes hat mich überzeugt ;-):

Wie setze ich mit SP Buchsatz?
Eine genaue Anleitung über alle Schritte gibt es hier: Link, an dieser Stelle werde ich nur grob die Arbeitsschritte zeigen.

1. Quelltext ausfüllen
Bevor ich mit dem Buch setzen mit SPBuchsatz loslegen kann, muss ich erst meinen Text in den Quelltext kopieren. Dafür muss ich ihn entsprechend aufbereiten (z.B. alles, was ich bei Word kursiv stehen habe, markiere ich mit dem Befehl: \kursiv{}.
Hierfür gibt es aber eine verständliche Anleitung inklusive Tipps, wie man auch bei Word seinen Text automatisch für SPBuchsatz konvertieren kann, ohne jeden Befehl per Hand einsetzen zu müssen. -> Hier ist die Anleitung
Alle Leerzeilen, die einen räumlichen oder zeitlichen Sprung oder auch einen Perspektivwechsel innerhalb der Szene mit darstellen sollen, markiere ich mit \SzenentrennerLeer
Kompiliert sieht das dann so aus:

Nur bei den Leerzeilen, die wirklich nur Abstandshalter sind benötige ich das Kommando “\Leerzeile” (kommt selten vor!).
(Siehe hier auch die Befehlsliste von SPBuchsatz: LINK)
Dann trägt man in ein weiteres tex-File die wichtigsten Informationen zu seinem Buch ein. Daraus erstellt die Software automatisch ein schönes Deckblatt, ein korrektes Impressum, (auf Wunsch:) Triggerwarnungen etc.

Die wichtigsten Aspekte (ein harmonisches Schriftbild, eine zu Prosatexten passende Schriftart, korrekte Seitenabstände etc. sind im Programm voreingestellt und müssen nicht verändert werden.
Einige andere Dinge kann ich aber im Quelltext auswählen bzw. individuell einstellen:
- »Welches Format wünsche ich für das Buch?« (z.B. Din-A5 etc)
- »Will ich ein Inhaltsverzeichnis haben?«,
- »Braucht meine Druckerei einen Beschnittrand?«
- »Soll meine Schrift eher groß oder klein sein?«
- … und vieles mehr.
Hierfür stehen aber eine Reihe Tipps im Quelltext, somit ist einem zwar Vieles selbst überlassen, aber es gibt eine verlässliche Hilfestellung. Ich hätte z.B. nicht gewusst, dass für das Format »Din-A5« Schriftgrößen zwischen 10.85 und 11.5 am Besten wirken!
2. Die Feinkorrektur

Das Programm erkennt die geläufigsten Satzprobleme automatisch und weist diese mit farbigen Fehlersymbolen aus, unter anderem:
- Falsche Zeichen (z.B. »…« statt einer echten Ellipse) ->drei rote Punkte
- Merkwürdige Zeilenanfänge (…?« ) ->rotes Dreieck
- Zu volle Zeilen vor neuen Absätzen ->türkise Markierung
- Zu wenig gefüllte Zeilen ->dunkelblaue Markierung
- Zu viele Trennungen am Zeilenende
Zusätzlich verhindert es »Hurenkinder« (d. h. verwaiste einzelne Zeilen auf der neuen Seite, die zum vorherigen Absatz gehören -> gilt als Sünde unter Buchsetzer:innen!), indem es den kompletten Absatz verrückt. Dadurch bleibt die unterste Zeile der Seite leer (das erkennt man am Abstand zu der türkisen Linie, die am unteren Seitenende gezogen ist).
Außerdem werden so genannte »Schusterjungen« (d.h. erste Zeilen von Absätzen, die nicht auf der gleichen Seite stehen wir der Rest) verhindert, allerdings nur an den Stellen, an denen sie streng verboten sind, also z.B: nach Szenenanfängen, Bildern,, Tabellen etc. Auf Wunsch lässt sich aber einstellen, das ALLE Schusterjungen verhindert werden, das ist aber eine Menge Arbeit bei der Feinkorrektur (und in den Büchern der großen Verlage finden sich meist viele Schusterjungen, da sie nicht als wirklich schlimmer faux pas gelten -> ich habe dafür mein Bücherregal durchforstet 😉 )
Da alles, was noch stört, im PDF farbig markiert ist, muss man keine Buchsatz-Expertin sein, um zu wissen, an welchen Stellen noch Hand anzulegen ist. Die so angezeigten Fehler lassen sich meist durch einfache Tricks beheben, wie beispielsweise die marginale Änderung der Laufweite des betreffenden Abschnitts, oder aber (und das ist meist die bessere Lösung) durch Umformulierungen (und das zwingt eine dazu, sich noch einmal genau zu überlegen, ob man die betreffende Formulierung wirklich so stehen lassen will!)
Achtung: Für die Feinkorrektur sollte man etwas Zeit einplanen, besonders wenn man sie dazu nutzt, seine Formulierungen noch einmal zu überdenken.
3. Kompilieren und: Fertig!

Zusätzlich individuelle einstellbare Features
1. Individuelle Kapitelanfänge
Ich kann meine Kapitel alle rechts beginnen lassen, oder auf beiden Seiten. Außerdem kann ich meine Kapitel grafisch ansprechend gestalten:

Hier verwende ich gleich zwei Features des Programms:
- Initialen — diese lassen sich in unterschiedlichen Größen und Graustufen wählen.
- Bilder für Kapitelanfänge — Hier wählt man selbst die Abbildung dazu aus. Passend zu meinem Buch habe ich fliegende Drachen gewählt.
2. Szenentrenner
Diese können individuell gewählt werden, z.B. gibt es Bilder, Symbole, Text oder einfach nur Leerzeilen (allerdings wird hierbei der erste Buchstabe des darauffolgenden Absatzes vergrößert, damit zu erkennnen ist, dass nach der Leerzeile wirklich eine neue Szene kommt)
Nach einem Szenentrenner werden durch das Programm automatisch auch die »Schusterjungen« verhindert.
Ich habe mich für folgendes entschieden:

3. Gendergerechte Sprache
Auch gendergerechte Sprache kommt nicht zu kurz. Die Software bietet die Möglichkeit, neben den üblichen Gendersternchen (Elb*innen) oder Unterstrichen (Elb_innen) auch ein Sternchen an Stelle des i-Tüpfelchens zu nutzen:

Der Vorteil hierbei ist, dass alle Gender mit eingeschlossen sind und zusätzlich ein femininer Gesamteindruck der Sprache bleibt (siehe hierüber einen interessanten Artikel über die Möglichkeiten des Genderns in der deutschen Sprache: Gendern — gerne, aber wie?).
Diese Möglichkeit war bislang nur handschriftlich realisierbar, aber Karl-Heinz Zimmer hat für die EB Garamond Schrift extra Sondersymbole eingebaut.
Anmerkung hierzu (Sommer 2020)
Karl-Heinz Zimmer hat nach (berechtigter) Kritik an dem i-Sternchen diese Möglichkeit wieder abgeschafft und mich auch davon überzeugt, es in Zukunft anders zu machen. Viele Nonbinaries hatten durch das i-Sternchen (zurecht) das Gefühl, “nicht einmal mehr ein eigenes Zeichen wert zu sein”. Ich schließe mich der Meinung an und werde im nächsten Buch verstärkt auf neutrale Formulierungen achten und den “normalen” Genderstern nutzen, wenn es keine neutrale Formulierung gibt.
Ich habe den obigen Abschnitt aber nicht gelöscht, da mein Buch ja mit den i-Sternchen erschienen ist und ich meine Gründe dafür offenlegen wollte.
Ich schreibe gerade an meinem zweiten Roman und bemerke begeistert, wie einfach man “neutral” schreiben kann, ohne viele Gendersterne zu nutzen. In diesem Artikel gibt es Tipps dazu:
Genderneutral schreiben (Artikel von F. B. Knauder, TOR online)
Mein Fazit zum Buch setzen mit SPBuchsatz
Mir hat das Buch setzen mit SPBuchsatz enorm viel gebracht! Mein Buch sieht viel besser aus, als es mit Word je möglich gewesen wäre, und es ist individueller als bei jedem Verlag.
Es war ein berauschendes Gefühl, seinem eigenen Buch den letzten Schliff zu verpassen. Als Autorin weiß ich besser als jede Setzer:in, wo ich Absätze haben möchte, und wo nicht.
Außerdem hilft die Auseinandersetzung mit dem eigenen Text, noch einmal über einige Passagen nachzudenken: »Ist das Adverb hier wirklich notwendig?« … »Kann ich das hier vereinfachen oder löschen?« … »Diese Formulierung holpert hier, geht das besser?« …
Ich habe mir bei der Feinkorrektur Zeit gelassen und so im Laufe des Setzens noch einige Sätze umformuliert oder gekürzt. Sogar ein kleines Plothole habe ich gefunden *shameonme*. Somit war es für mich ein doppelter Gewinn: ein inhaltlicher und ein ästhetischer!
Es kostet Zeit, aber die Mühe lohnt sich! Am Ende sieht das Buch perfekt aus und ist von einem professionell gesetzten nicht zu unterscheiden. Ich würde sogar behaupten, es ist noch schöner!

Last but not least:
Mein besonderer Dank gilt Karl-Heinz Zimmer (auf Twitter unter »khzimmer2« zu finden), der diese wundervolle Software entwickelt, und der lebendigen SP-Community zur Verfügung gestellt hat. Er hat mir per Twitter geduldig alle meine Fragen beantwortet und wertvolle Tipps gegeben, so war es ein Leichtes für mich, das Buch genauso zu gestalten, wie ich es mir gewünscht habe.
Ohne ihn wäre mein Buch nicht so schön geworden!
🙂 Die Zusammenarbeit mit Dir macht Spaß, ich find’s Klasse, dass Du so sehr qualitätorientiert bist und danke herzlich für den wunderschönen Blog-Artikel.
Lieben Gruß
Karl-Heinz
Lieber Karl-Heinz,
ich danke Dir für die vielen Stunden Arbeit, die Du in die Software gesteckt hast und immer noch steckst!
Dadurch gibst Du uns Self-Publisher:innen nicht nur ein mächtiges Tool, um die Qualität unserer Werke auch mit kleinem Geldbeutel an die der großen Verlage heranreichen zu lassen, es gibt einem auch eine Menge Wertschätzung und Selbstvertrauen, wenn Menschen wie Du an uns und unsere Bücher glauben.
Und vor allem, Danke, dass Du immer ein offenes Ohr für meine Fragen hattest, dadurch habe ich einige Features erst kennen gelernt (zB. die Bilder am Kapitelanfang oder das i-Sternchen) und das Buch ist noch viel schöner geworden! Die Software ist angenehm modern (Triggerwarnungen, gegenderte Sprache etc sind alle möglich und es gibt immer wieder neue Erweiterungen), das ist fortschrittlicher als die Bücher der meisten Verlage.
Es hat total viel Spaß gemacht, das Buch zu setzen 🙂
Liebe Pia,
ein wunderbarer Artikel zu SPBuchsatz, den Link dazu habe ich doch gleich gerne in die ganze Welt getragen.
Vielleicht magst du dein Buch auf unserem Blog vorstellen? Ich fände es schön, wenn du eine kleine Buchvorstellung mit Bildern bei uns einstellen würdest.
Liebe Grüße
Connie Ruoff
Liebe Connie,
vielen Dank für das schöne Kompliment und die Verlinkung! Die Software hat mir viel Nutzen gebracht, da war es das mindeste, das auch an andere Menschen weiterzutragen.
Es wäre mir eine große Ehre (und auch sehr hilfreich für mein Buch) wenn ich es bei Euch vorstellen dürfte 🙂
Was genau (Umfang etc) schwebt Dir denn vor? (gern auch per PN: backmann.pia@googlemail.com)
Du schreibst 2-3 Seiten über dein Buch und kannst 3-4 Bilder oder Schnipseln hinzufügen.
Liebe Grüße Connie
Okay, dann setze ich mich nächste Woche da dran 🙂